Auftritte in Corona-Zeiten

Endlich, endlich durften unsere Charivaris wieder auftreten, durften eine Kostprobe ihres Könnens geben, durften zeigen, dass sie sportlich und künstlerisch wieder voll da sind! Ende August war es soweit, nach zwanzig Monaten Auftritts-Abstinenz, nach einer Durststrecke mit Lockdowns, Online-Trainings, Nur-Draußen-Trainings, Akrobatik-ohne-Kontakt, Abstands-Circus durften wir endlich wieder ein komplettes Circus-Programm zeigen.

Die Anfrage für diese Auftritte kam schon vor Monaten, als wir gerade erst wieder mit dem Training begonnen hatten, aber wir sagten sofort zu, dankbar, endlich wieder ins Rampenlicht treten zu können. Vor den Sommerferien stellten wir erste Nummern zusammen, nach den Sommerferien ging es dann leider etwas holprig los. Ein Mädchen verletzte sich im Training, ein anderes musste in Quarantäne, ein weiteres wurde krank… Unsere Pyramidennummer haben wir insgesamt vier Mal komplett umgestellt und neu choreographiert. Dennoch war die Vorfreude immens, und so fanden wir uns am Donnerstag, den 26.8., am ersten Auftrittsort ein: der Hanseresidenz. Wir fanden ein sehr dankbares Publikum vor. Hochbetagte Menschen in Rollstühlen und mit Rollatoren klatschten im Takt, strahlten die Jugendlichen an, ließen sich verzaubern. Und die Charivaris boten ein anspruchsvolles und abwechslungsreiches Programm: poetischen Seiltanz, sinnliche Partnerakrobatik, clowneske Rolabola- Kunststücke, spektakuläre Pyramiden und fetzige Jonglage. Beim Finale kamen mir selber die Tränen, so schön war es, meine Artist*innen wieder vor Publikum auftreten zu sehen.Trotz Platzmangel und mangelnder Deckenhöhe meisterten sie alle Herausforderungen mit Bravour. Einziger Wermutstropfen: alle mussten mit Masken auftreten, was natürlich erstens sehr anstrengend war und zweitens den künstlerischen Ausdruck stark einschränkte. Dennoch erfreuten sich alle Hanseresidenz-Bewohner*innen an den gekonnten Darbietungen und den strahlenden Augen der Charivaris.

Der zweite Auftritt, am 28.8. sollte dann eigentlich ohne Maske vonstatten gehen, da er für draußen vorgesehen war. Wir waren von einer Einrichtung für Demenzkranke in Herrnburg eingeladen worden. Leider regnete es Bindfäden, wir warteten vor Ort zwei Stunden auf eine Wolkenlücke, harrten unter einem Partyzelt aus und blickten wechselweise in den Himmel und auf den Regenradar auf unseren Handys: keine Chance. Der Aufenthaltsraum im Gebäude hatte eine viel zu niedrige Deckenhöhe, und als die Jongleure sich einjonglierten, fürchteten die Mitarbeiter*innen, der Fernseher könne kaputtgehen oder andere Einrichtungsgegenstände oder schlimmer noch Menschen könnten getroffen werden.

Aber Aufgeben war keine Option, überall warteten Demenzkranke mit einer Engelsgeduld darauf, dass es endlich losgehe. Selten haben wir solch eine Vorfreude erlebt.

Schließlich kam jemand auf die Idee, unseren Auftritt ins Nachbargebäude zu verlagern, das eine angemessene Deckenhöhe hatte. In einer konzertierten Aktion wurden Tische aus dem Saal getragen, Platz geschaffen, unsere Seilanlage und alles Equipment hineingebracht, gut 50 Bewohner*innen hineinbegleitet oder geschoben, und dann konnte es endlich losgehen. Natürlich, da wir nun wieder drinnen auftreten mussten, wurden auch hier Masken unverzichtbar. Wie schön wäre es gewesen, die Demenzkranken hätten das Lächeln und die Mimik der Artist*innen sehen können! Aber auch so kam unglaublich tolle Stimmung auf. Viele Bewohner*innen klatschten durchgehend mit, andere murmelten immer wieder „so schön, so schön“, und auch einige der Angehörigen kamen direkt zu uns und sagten „Danke, dass Ihr das macht! Ihr seid wundervoll!“

So hatten wir also zwei denkwürdige Auftritte vor extrem dankbarem Publikum.

Und alle waren sich einig, dass sich der ganze Aufwand gelohnt hat und es nichts Schöneres gibt, als Menschen eine Freude zu bereiten. Die nächsten Auftritte dürfen kommen, die Charivaris sind bereit!

Trix Langhans

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